Valeria Bruni Tedeschis fünfter Spielfilm hinter der Kamera, Les Amandiers, wurde im offiziellen Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes 2022 gezeigt. Die Regisseurin erforscht darin die Tiefen ihrer Erinnerungen und blickt auf ihre Anfänge als Schauspielerin auf den Brettern der Theaterschule Les Amandiers in Nanterre zurück, einer modernen und experimentellen Einrichtung, die von Patrice Chéreau (Louis Garrel) und Pierre Romans (Micha Lescot) gegründet wurde.
Der Film beginnt mit einem trickreichen Casting, bei dem ermittelt werden soll, wer die jungen angehenden Schauspieler sein werden, die genug Glück haben, um in die Schule aufgenommen zu werden und vom Wissen und den Ratschlägen des mythischen Regisseurs zu profitieren, der von einem Louis Garrel gespielt wird, der von Ängsten, der Liebe zu Worten und Exzessen aller Art geplagt wird. Die Truppe wird schnell zu einem Freundeskreis und beginnt mit den Proben zu Platonow, einem Stück, das Tschechow im Alter von 18 Jahren geschrieben hat.
Doch die Aufregung Mitte der 80er Jahre wird schnell vom Ausbruch des Aids-Virus und der Banalisierung der Drogen eingeholt, die hinter den Kulissen lauern und sich in das Leben der Figuren einmischen, insbesondere in das vonEtienne (Sofiane Bennacer), einer Art gequälter junger Marlon Brando, der ebenso fasziniert wie verärgert. Dieser schwarze Schatten schwebt über der blonden und sinnlichen Stella - der Heldin, die von der atemberaubenden Nadia Tereszkiewicz gespielt wird, deren große, ausdrucksstarke Augen und schmollendes Gesicht uns durchbohren - und eine ganze Epoche gerät ins Wanken.
Die Grenzen zwischen Figuren und Schauspielern werden porös, und alle Emotionen werden gesteigert - es wird geschrien, gelacht und geweint, sowohl auf als auch außerhalb der Bühne -, zu einem Zeitpunkt, an dem diese Gruppe hübscher junger Leute sich anschickt, ihre größten ersten Male auf kataklysmische Weise zu erleben: die erste Reise nach New York, die erste leidenschaftliche und fleischliche Liebe, die ersten Ängste, die erste Trauer.
Valeria Bruni Tedeschi schreibt eine intime und persönliche Autofiktion, in der wir uns letztlich alle ein wenig wiederfinden.
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